Die St.-Petri-Kirche in Sankt Petersburg
ist die größte lutherische Kirche Russlands
und wurde im Stil einer klassizistischen Basilika
in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts erbaut.
Sie ist heute Bischofskirche der Evangelisch-Lutherischen
Kirche in Russland, der Ukraine, in Kasachstan und Mittelasien und
die Kirche der deutschen evangelisch-lutherischen St.-Annen- und
St.-Petrigemeinde.
Die St.-Petri-Kirche steht in zentraler Lage am Newski-Prospekt
(Nr. 22-24) in Sankt Petersburg.
Die erste lutherische
Kirche – eine kleine Holzkirche mit Turm und Glocke – in Sankt Petersburg
wurde im Jahr 1704 auf der Peter-und-Paul-Festung als Gotteshaus für die
in der Festung dienenden ausländischen Militärs evangelischen
Glaubens gebaut.
Neben dieser Gruppe evangelischer Christen
bildete sich eine weitere Gruppe am anderen, dem linken Newa-Ufer im Haus der russischen
Flotte. Zu ihr gehörten Angehörige verschiedener Nationalitäten, unter denen
die lutherischen Deutschen die größte Gruppe bildeten. Sie erhielten im Jahre
1710 vom Vize-Admiral, dem Niederländer Cornelis Cruys (1655–1727)
als Geschenk eine Kapelle in seinem Hof – etwa dort, wo sich jetzt die
Eremitage befindet.
Durch Erlass vom 27. Dezember 1727 schenkte Zar Peter II. dann der immer größer werdenden
Gemeinde ein Grundstück an der „Newskaja Perschpektiva“, dem heutigen Newski-Prospekt.
Hier sollten eine Kirche, eine Kirchenschule und ein Pastorat errichtet werden.
Die Baupläne erarbeitete der Patron der Gemeinde, Graf Burkhard Christoph von Münnich
(1683–1767). Am 29. Juni 1728, dem Gedenktag der Apostel Petrus und
Paulus, wurde der Grundstein zu der Kirche gelegt, die am 14. Juni
1730 als Peter-und-Paulskirche eingeweiht wurde. Zu Anfang des 19. Jahrhunderts
war die Zahl der Gemeindeglieder stark angestiegen, während allerdings die
Kirche immer baufälliger und für die Gemeinde zu klein wurde. Im Jahre 1833
ließ man sie abreißen.
Der Abriss aber erfolgte nicht ohne vorher
schon den Plan zu einem Neubau gehegt zu haben: Im Mai 1833 wurde auf einer
Sitzung des Kirchenrates der Entwurf von Alexander Brüllow zum Bau
der heutigen St.-Petri-Kirche angenommen. Bereits am 21. August 1833 wurde der
Grundstein gelegt. Nach fünfjähriger Bauzeit konnte das neue Gotteshaus am Reformationstag
(31. Oktober) 1838 eingeweiht werden.
1917, im Jahr der bolschewistischen
Oktoberrevolution wurde die Kirche
verstaatlicht. Konnten anfangs in ihr noch Gottesdienste stattfinden, wurde sie
unter Stalin
vollends gesperrt: ausgerechnet am Heiligen Abend
des Jahres 1937, so dass keine Christabendgottesdienste mehr gehalten werden
konnten. Die Innenausstattung wurde beschlagnahmt und gestohlen.
In der Folgezeit stand die Kirche leer bzw.
wurde zweckentfremdet genutzt. In den 1940er und 1950er Jahren waren in dem
Gotteshaus verschiedene Lager untergebracht. Dann baute man die Kirche in der Chruschtschow-Zeit
zu einem Schwimmbad
um, das 1962 eröffnet wurde.
Es dauerte 30 Jahre, bis ein Neuanfang
möglich wurde: Am Reformationstag 1992 konnte die Petrikirche wiedereröffnet
werden und im Juni 1993 der neugebildeten Evangelisch-Lutherischen
Kirche in Russland, der Ukraine, in Kasachstan und Mittelasien
(ELKRAS) übergeben werden. Eine umfangreiche Sanierung war notwendig, bis sie
schließlich am 16. September 1997 durch Bischof
Georg Kretschmar wieder geweiht wurde.
Die am 31. Oktober 1838 eingeweihte
St.-Petri-Kirche ist bis heute erhalten. Sie wurde nach den Plänen von Alexander Brüllow erbaut
und vereinigt harmonisch das Schema einer romanischen
Basilika mit der Formensprache des russischen
Klassizismus. Mit damals 3000 Plätzen war und mit ihren 700 Plätzen ist sie
heute die größte evangelische Kirche Russlands.
Die ehemalige Walcker-Orgel, an der Peter Tschaikowsky durch den damaligen
Organisten Heinrich Stiehl Orgelunterricht erhielt, ist
allerdings verschollen.
Bei dem Gotteshaus handelt es sich um einen
eleganten Bau, der zwar von der Straße Newski-Prospekt
zurückgesetzt steht, aber dank seiner Größe sofort ins Auge fällt. Zwei Türme
hat die Kirche, die in weißem Farbbild erscheint.
Unter den vielen Kunstschätzen, die das
Gotteshaus schmückten, waren zwei Altarbilder besonders wertvoll: das Gemälde
von Hans Holbein d. J. (1497–1543) „Jesus mit
dem ungläubigen Thomas und seinen Jüngern“, das der Gemeinde
1707 von dem Hofmaler Johann Friedrich Groth
geschenkt wurde, und das große Gemälde „Jesus am Kreuz“ des berühmten russischen Malers Karl Brüllow (1799–1852).
In den Jahren 1895 bis 1897 erfuhr der Innenraum
der Kirche unter der Leitung des Architekten Maximilian Messmacher eine grundlegende
Restaurierung.
Nach Rückgabe der inzwischen zweckentfremdet
und sogar als Schwimmhalle genutzten Kirche im Jahr 1993 musste das Gebäude
einer umfangreichen Renovierung unterzogen werden. Das Schwimmbecken allerdings
gibt es immer noch: Statiker stellten fest, dass der Abriss des Betonbeckens
die Stabilität des gesamten Baus gefährden würde. Deshalb wurde das Becken nur
mit einem neuen Boden abgedeckt. Darauf stehen nun Bänke und der Altar. Der Kirchenraum ist
etwa zehn Meter niedriger als früher.
Unter dem Platz, wo ehemals der Sprungturm
stand, befindet sich der Chorraum der Kirche. Hier ist ein kleiner Andachtsraum
entstanden, der von dem russlanddeutschen Maler Adam Schmidt ausgestaltet
wurde. Er selbst hat die dort dargestellten Szenen miterlebt und berichtet so
auf authentische Weise zum Beispiel vom Lager Workuta
in Sibirien.
Der Andachtsraum soll das Zentrum einer Gedenkstätte werden.
Über dem Altar hängt seit dem 1. Advent
2006 das Gemälde „Jesus am Kreuz“ von Karl Brüllow, das auch schon vor 1917 hier
hing. Es handelt sich allerdings nur um eine Kopie, die Sergej Griwa gemalt hat.
Das Original befindet sich seit der Entweihung der Kirche im Russischen Museum
und ist dort zu besichtigen. Die ehemalige Walcker-Orgel, an der auch Peter Tschaikowsky gespielt haben soll, ist
allerdings verschwunden und wurde durch ein Orgelpositiv ersetzt.
Im Jahr 1710 – das Jahr gilt als
Gründungsdatum der Petrigemeinde – machte der Vize-Admiral Cornelis Cruys
den evangelischen Christen eine Hofkapelle zum Geschenk. Damals war die
lutherische Gemeinde zahlenmäßig überschaubar. Viele Gemeindeglieder waren mit
den ersten Zaren als deutschsprachige Neubürger gekommen, vor allem Soldaten,
viele von ihnen baltischer Herkunft, aber auch Kaufleute aus den norddeutschen
Hansestädten sowie Handwerker aus Pommern
und Ostpreußen.
Die Gemeinde wuchs ebenso wie die Stadt.
Ausdruck dieses Wachstums war die Errichtung der neuen Kirche, die 1838
eingeweiht wurde. Im Jahr 1862 zählte die Petrigemeinde 17.606 Mitglieder. 1909
waren es noch 15.000, aus allen Schichten der Bevölkerung stammend – vom
Hofadligen bis zum Handwerker. Bis Mitte des 19. Jahrhunderts waren die
Pastoren der Petrigemeinde deutscher Herkunft, danach kamen russischstämmige
Pastoren und Absolventen der Universität Dorpat (Tartu) in Estland.
Einen gewaltigen Einschnitt in das Leben der
Petrigemeinde brachte das Jahr 1917 mit der Oktoberrevolution.
Ein Großteil der Gemeindeglieder floh. Die kirchlichen Gebäude wurden
verstaatlicht. Die antikirchlichen Repressalien nahmen immer mehr zu,
Verfolgungen und Verhaftungen waren an der Tagesordnung.
Unter Stalin
kam das Aus der Kirchengemeinde: 1937 wurde die Kirche geschlossen und
zweckentfremdet. Die Pastoren der Petrikirche, Paul Reichert und sein
Sohn Bruno Reichert, wurden verhaftet und 1938 erschossen.
In der Chruschtschow-Ära
wurde das Gotteshaus Badehalle.
Erst nach 50 Jahren war ein Neuanfang der
Gemeinde möglich: Eine kleine Gruppe verbliebener Christen versammelte sich seit
1988 in Puschkin bei Sankt Petersburg, um hier ihre
Gottesdienste zu feiern.
Heute ist die kleine 350 Mitglieder
umfassende Petrigemeinde wieder lebendig und aktiv. Viele der Gemeindeglieder
sind Deutsche aus anderen Teilen der ehemaligen Sowjetunion: Russlanddeutsche,
die nach 1990 vor allem aus Kasachstan und Sibirien nach Sankt Petersburg kamen. Auch Christen aus
Deutschland gehören dazu, die als Geschäftsleute oder Diplomaten hier wohnen.
Viele aber sind auch Russen, denen die orthodoxe Kirche zu eng und
nationalistisch erscheint und die die Nähe zum Luthertum
suchen. Die Gottesdienste in der St.-Petri-Kirche werden darum zweisprachig in
Deutsch und Russisch gehalten.
Nach Verlust der St.-Annen-Kirche hat sich
hier die evangelisch-lutherische St.-Annen- und St.-Petri-Gemeinde gebildet,
die zur Propstei
Sankt Petersburg in der Evangelisch-Lutherischen
Kirche Europäisches Russland im Verbund der Evangelisch-Lutherischen
Kirche in Russland, der Ukraine, in Kasachstan und in Mittelasien
gehört.
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