Ludwig Philipp Albert Schweitzer (* 14. Januar
1875 in Kaysersberg
im Oberelsass bei Colmar;
† 4. September
1965 in Lambaréné,
Gabun)
war ein deutsch-französischer Arzt,
Philosoph,
evangelischer
Theologe,
Organist
und Pazifist.
Schweitzer gründete ein Krankenhaus in
Lambaréné im zentralafrikanischen Gabun. Er veröffentlichte theologische und
philosophische Schriften, Arbeiten zur Musik, insbesondere zu Johann Sebastian Bach, sowie autobiographische
Schriften in zahlreichen und vielbeachteten Werken. 1953 wurde ihm der Friedensnobelpreis für das Jahr 1952 zuerkannt,
den er 1954 entgegennahm.
Schweitzer stammte aus einer alemannisch-elsässischen
Familie. Geboren wurde er als Sohn des Pfarrverwesers
Ludwig (Louis) Schweitzer, der eine kleine evangelische Gemeinde betreute, und
dessen Frau Adele, geb. Schillinger, der Tochter eines Mühlbacher Pfarrers. Zu
diesem Zeitpunkt gehörte seine Heimat als Reichsland Elsaß-Lothringen zu
Deutschland. Noch im Jahr seiner Geburt zog die Familie von Kaysersberg nach Günsbach
um. Seine Muttersprache war der elsässische
Ortsdialekt des Oberdeutschen. Daneben wurde in seiner Familie auch
Französisch gesprochen. Das Hochdeutsche
erlernte Schweitzer erst in der Schule. Deutsch und Französisch beherrschte er
fast gleich gut.
Nach dem Abitur 1893 in Mülhausen
studierte er an der Universität Straßburg Theologie
und Philosophie
(Erstes Theologisches Examen 1898). Zudem studierte er in Paris Orgel bei Charles-Marie Widor, bei dem er seit 1893 schon
gelegentlich Unterricht genommen hatte, und Klavier
bei Marie Jaëll.
1899 wurde er dann nach einem kurzen
Studienaufenthalt an der Berliner Friedrich-Wilhelms-Universität
mit einer Dissertation über Die Religionsphilosophie Kants von der Kritik
der reinen Vernunft bis zur Religion innerhalb der Grenzen der bloßen Vernunft
in Straßburg zum Dr. phil. promoviert. 1901 folgte die theologische
Dissertation zum Lic. theol. Kritische Darstellung unterschiedlicher
neuerer historischer Abendmahlsauffassungen (Erstauflage 1906), die in der
zweiten Fassung den Titel Geschichte der Leben-Jesu-Forschung (Tübingen
1913) trägt.
1902 erfolgte an der Universität Straßburg
die Habilitation
in Evangelischer Theologie mit der Schrift Das Messianitäts- und
Leidensgeheimnis. Mit der Habilitation wurde er Dozent
für Theologie an der Universität Straßburg. Seit 1898 war er Lehrvikar und ab
November und zweiter Theologischer Prüfung ordinierter
Vikar
an der Kirche St. Nikolai. Ein Teil seiner
dortigen Predigten und Predigtentwürfe ist erhalten durch die Hand der mit ihm
befreundeten Annie Fischer, Witwe des Straßburger Professors der Chirurgie,
Fritz Fischer, und Schwester von Hugo Stinnes.
Seine Theologie fand unter anderem bei Fritz Buri
Nachhall. Schweitzer schrieb 1905 die französische Ausgabe von Johann Sébastien Bach, auf die drei Jahre
später 1908 seine neu verfasste deutsche Bach-Monographie folgte.
Von 1905 bis 1913 studierte Albert Schweitzer
Medizin
in Straßburg
mit dem Ziel, in Französisch-Äquatorialafrika als
Missionsarzt tätig zu werden. Die Immatrikulation
zum Studium der Medizin war sehr kompliziert. Schweitzer war ja bereits Dozent
an der Universität Straßburg. Erst eine Sondergenehmigung der Regierung machte
das Studium möglich. 1912 wurde er als Arzt approbiert, im gleichen Jahr wurde
ihm der Titel eines Professors für Theologie verliehen auf Grund seiner
„anerkennenswerten wissenschaftlichen Leistungen“. 1913 folgte seine
medizinische Doktorarbeit: Die psychiatrische Beurteilung Jesu:
Darstellung und Kritik. In dieser Arbeit widerlegt er, analog seiner
theologischen Dissertation, zeitgenössische Versuche, das Leben Jesu aus psychiatrischer
Sicht zu beleuchten. Somit war er, im Alter von 38 Jahren und bevor er nach
Afrika ging, in drei verschiedenen Fächern promoviert, hatte sich habilitiert
und war Professor.
Albert Schweitzer heiratete 1912 Helene Bresslau
(1879–1957), die Tochter des jüdischen Historikers Harry Bresslau
und dessen Frau Caroline, geborene Isay. 1919 wurde die Tochter Rhena Schweitzer-Miller († 2009) geboren, die
bis 1970 die Stiftung ihres Vaters weiterführte.
1913 setzte Schweitzer sein Vorhaben in die
Tat um und gründete am Ogooué,
einem 1200 km langen Fluss in Gabun, das Urwaldhospital Lambaréné.
Das Gebiet gehörte damals zu Französisch-Äquatorialafrika. Schon ab
1914, als der Erste Weltkrieg ausbrach, wurden er und seine Frau Helene, eine
Lehrerin, aufgrund ihrer deutschen Staatsangehörigkeit von der französischen
Armee unter Hausarrest gestellt.
1917, erschöpft von mehr als vier Jahren
Arbeit und von einer Art tropischer Anämie, wurde das Ehepaar Schweitzer
festgenommen, von Afrika nach Frankreich überführt und in Bordeaux,
Garaison und dann St. Rémy de Provence bis Juli 1918
interniert. Diese Zeit nutzte Albert zur Entwicklung und zum Ausbau seiner Ethik der Ehrfurcht vor
dem Leben. Zentral für diese Ethik ist der Satz: „Ich bin Leben, das leben
will, inmitten von Leben, das leben will.“
Gegen Kriegsende kamen sie 1918 ins Elsass
zurück, das am 6. Dezember wieder an Frankreich angeschlossen wurde. Dort nahm
Schweitzer die französische Staatsbürgerschaft an, er selbst bezeichnete
sich jedoch gern als Elsässer und „Weltbürger“. Er nahm wieder die Stelle als
Vikar in St. Nikolai in Straßburg an und trat als Assistenzarzt in ein
Straßburger Spital ein.
Dank des schwedischen Bischofs
Nathan Söderblom konnte Albert Schweitzer ab
1920 in Schweden
Vorträge über seine Ethik der Ehrfurcht vor dem Leben halten, mittels
Orgelkonzerten seine Schulden bezahlen und Geld für die Rückkehr 1924 nach
Afrika verdienen, um dort das Urwaldhospital auszubauen.
Bekannt wurde Albert Schweitzer vor allem
durch sein Buch „Zwischen Wasser und Urwald“, das er in kurzer Zeit 1921
geschrieben hatte. In seiner Rede zum 100. Todestag Johann Wolfgang von Goethes 1932 in Frankfurt am Main
warnte Schweitzer vor den Gefahren des aufkommenden Nationalsozialismus.
Versuchen von Joseph Goebbels, den in Lambarene weilenden
Schweitzer einzuladen und für die NS-Ideologie zu gewinnen, erteilte er auf die
mit deutschem Gruß geschlossenen Anfrage mit zentralafrikanischem
Gruß eine höfliche Absage.
Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde ihm viel
öffentliche Ehre zuteil. In seiner erst 1954 gehaltenen Dankesrede zur
Verleihung des Friedensnobelpreises von 1952 sprach sich
Schweitzer deutlich für eine generelle Verwerfung von Krieg aus: „Krieg macht
uns der Unmenschlichkeit schuldig“, „zitiert“ Albert Schweitzer Erasmus von
Rotterdam. Infolge der Genfer Konvention von 1864 und der Gründung des
Roten Kreuzes sei es zu einer „Humanisierung des Krieges“ gekommen, die dazu
geführt hätte, dass die Menschen 1914 den beginnenden Ersten Weltkrieg nicht in
der Weise ernst genommen hatten, wie sie dies hätten tun sollen.
Zum Teil wurde Schweitzer vorgeworfen, rassistische,
paternalistische und pro-kolonialistische Einstellungen zu haben. So
kritisierte er die Unabhängigkeit von Gabun, weil das Land dafür
noch nicht bereit sei. Chinua Achebe berichtete, dass Schweitzer gesagt habe,
Afrikaner seien seine Brüder jedoch seine „jüngeren Brüder“. Der amerikanische
Journalist John Gunther besuchte Lambaréné in den 1950ern und kritisierte
Schweitzers paternalistische Einstellung gegenüber Afrikanern. Auch würden
diese dort nicht als Fachkräfte eingesetzt. Nach Jahrzehnten, die Schweitzer
schon in Afrika wirkte, kämen die Krankenschwestern noch immer aus Europa.
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