Samstag, 20. Februar 2016

Protestantische Vordenker: Albert Schweitzer









Ludwig Philipp Albert Schweitzer (* 14. Januar 1875 in Kaysersberg im Oberelsass bei Colmar; † 4. September 1965 in Lambaréné, Gabun) war ein deutsch-französischer Arzt, Philosoph, evangelischer Theologe, Organist und Pazifist.

Schweitzer gründete ein Krankenhaus in Lambaréné im zentralafrikanischen Gabun. Er veröffentlichte theologische und philosophische Schriften, Arbeiten zur Musik, insbesondere zu Johann Sebastian Bach, sowie autobiographische Schriften in zahlreichen und vielbeachteten Werken. 1953 wurde ihm der Friedensnobelpreis für das Jahr 1952 zuerkannt, den er 1954 entgegennahm.

Schweitzer stammte aus einer alemannisch-elsässischen Familie. Geboren wurde er als Sohn des Pfarrverwesers Ludwig (Louis) Schweitzer, der eine kleine evangelische Gemeinde betreute, und dessen Frau Adele, geb. Schillinger, der Tochter eines Mühlbacher Pfarrers. Zu diesem Zeitpunkt gehörte seine Heimat als Reichsland Elsaß-Lothringen zu Deutschland. Noch im Jahr seiner Geburt zog die Familie von Kaysersberg nach Günsbach um. Seine Muttersprache war der elsässische Ortsdialekt des Oberdeutschen. Daneben wurde in seiner Familie auch Französisch gesprochen. Das Hochdeutsche erlernte Schweitzer erst in der Schule. Deutsch und Französisch beherrschte er fast gleich gut.

Nach dem Abitur 1893 in Mülhausen studierte er an der Universität Straßburg Theologie und Philosophie (Erstes Theologisches Examen 1898). Zudem studierte er in Paris Orgel bei Charles-Marie Widor, bei dem er seit 1893 schon gelegentlich Unterricht genommen hatte, und Klavier bei Marie Jaëll.

1899 wurde er dann nach einem kurzen Studienaufenthalt an der Berliner Friedrich-Wilhelms-Universität mit einer Dissertation über Die Religionsphilosophie Kants von der Kritik der reinen Vernunft bis zur Religion innerhalb der Grenzen der bloßen Vernunft in Straßburg zum Dr. phil. promoviert. 1901 folgte die theologische Dissertation zum Lic. theol. Kritische Darstellung unterschiedlicher neuerer historischer Abendmahlsauffassungen (Erstauflage 1906), die in der zweiten Fassung den Titel Geschichte der Leben-Jesu-Forschung (Tübingen 1913) trägt.

1902 erfolgte an der Universität Straßburg die Habilitation in Evangelischer Theologie mit der Schrift Das Messianitäts- und Leidensgeheimnis. Mit der Habilitation wurde er Dozent für Theologie an der Universität Straßburg. Seit 1898 war er Lehrvikar und ab November und zweiter Theologischer Prüfung ordinierter Vikar an der Kirche St. Nikolai. Ein Teil seiner dortigen Predigten und Predigtentwürfe ist erhalten durch die Hand der mit ihm befreundeten Annie Fischer, Witwe des Straßburger Professors der Chirurgie, Fritz Fischer, und Schwester von Hugo Stinnes. Seine Theologie fand unter anderem bei Fritz Buri Nachhall. Schweitzer schrieb 1905 die französische Ausgabe von Johann Sébastien Bach, auf die drei Jahre später 1908 seine neu verfasste deutsche Bach-Monographie folgte.

Von 1905 bis 1913 studierte Albert Schweitzer Medizin in Straßburg mit dem Ziel, in Französisch-Äquatorialafrika als Missionsarzt tätig zu werden. Die Immatrikulation zum Studium der Medizin war sehr kompliziert. Schweitzer war ja bereits Dozent an der Universität Straßburg. Erst eine Sondergenehmigung der Regierung machte das Studium möglich. 1912 wurde er als Arzt approbiert, im gleichen Jahr wurde ihm der Titel eines Professors für Theologie verliehen auf Grund seiner „anerkennenswerten wissenschaftlichen Leistungen“. 1913 folgte seine medizinische Doktorarbeit: Die psychiatrische Beurteilung Jesu: Darstellung und Kritik. In dieser Arbeit widerlegt er, analog seiner theologischen Dissertation, zeitgenössische Versuche, das Leben Jesu aus psychiatrischer Sicht zu beleuchten. Somit war er, im Alter von 38 Jahren und bevor er nach Afrika ging, in drei verschiedenen Fächern promoviert, hatte sich habilitiert und war Professor.

Albert Schweitzer heiratete 1912 Helene Bresslau (1879–1957), die Tochter des jüdischen Historikers Harry Bresslau und dessen Frau Caroline, geborene Isay. 1919 wurde die Tochter Rhena Schweitzer-Miller († 2009) geboren, die bis 1970 die Stiftung ihres Vaters weiterführte.

1913 setzte Schweitzer sein Vorhaben in die Tat um und gründete am Ogooué, einem 1200 km langen Fluss in Gabun, das Urwaldhospital Lambaréné. Das Gebiet gehörte damals zu Französisch-Äquatorialafrika. Schon ab 1914, als der Erste Weltkrieg ausbrach, wurden er und seine Frau Helene, eine Lehrerin, aufgrund ihrer deutschen Staatsangehörigkeit von der französischen Armee unter Hausarrest gestellt.

1917, erschöpft von mehr als vier Jahren Arbeit und von einer Art tropischer Anämie, wurde das Ehepaar Schweitzer festgenommen, von Afrika nach Frankreich überführt und in Bordeaux, Garaison und dann St. Rémy de Provence bis Juli 1918 interniert. Diese Zeit nutzte Albert zur Entwicklung und zum Ausbau seiner Ethik der Ehrfurcht vor dem Leben. Zentral für diese Ethik ist der Satz: „Ich bin Leben, das leben will, inmitten von Leben, das leben will.“

Gegen Kriegsende kamen sie 1918 ins Elsass zurück, das am 6. Dezember wieder an Frankreich angeschlossen wurde. Dort nahm Schweitzer die französische Staatsbürgerschaft an, er selbst bezeichnete sich jedoch gern als Elsässer und „Weltbürger“. Er nahm wieder die Stelle als Vikar in St. Nikolai in Straßburg an und trat als Assistenzarzt in ein Straßburger Spital ein.

Dank des schwedischen Bischofs Nathan Söderblom konnte Albert Schweitzer ab 1920 in Schweden Vorträge über seine Ethik der Ehrfurcht vor dem Leben halten, mittels Orgelkonzerten seine Schulden bezahlen und Geld für die Rückkehr 1924 nach Afrika verdienen, um dort das Urwaldhospital auszubauen.

Bekannt wurde Albert Schweitzer vor allem durch sein Buch „Zwischen Wasser und Urwald“, das er in kurzer Zeit 1921 geschrieben hatte. In seiner Rede zum 100. Todestag Johann Wolfgang von Goethes 1932 in Frankfurt am Main warnte Schweitzer vor den Gefahren des aufkommenden Nationalsozialismus. Versuchen von Joseph Goebbels, den in Lambarene weilenden Schweitzer einzuladen und für die NS-Ideologie zu gewinnen, erteilte er auf die mit deutschem Gruß geschlossenen Anfrage mit zentralafrikanischem Gruß eine höfliche Absage.

Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde ihm viel öffentliche Ehre zuteil. In seiner erst 1954 gehaltenen Dankesrede zur Verleihung des Friedensnobelpreises von 1952 sprach sich Schweitzer deutlich für eine generelle Verwerfung von Krieg aus: „Krieg macht uns der Unmenschlichkeit schuldig“, „zitiert“ Albert Schweitzer Erasmus von Rotterdam. Infolge der Genfer Konvention von 1864 und der Gründung des Roten Kreuzes sei es zu einer „Humanisierung des Krieges“ gekommen, die dazu geführt hätte, dass die Menschen 1914 den beginnenden Ersten Weltkrieg nicht in der Weise ernst genommen hatten, wie sie dies hätten tun sollen.
Zum Teil wurde Schweitzer vorgeworfen, rassistische, paternalistische und pro-kolonialistische Einstellungen zu haben. So kritisierte er die Unabhängigkeit von Gabun, weil das Land dafür noch nicht bereit sei. Chinua Achebe berichtete, dass Schweitzer gesagt habe, Afrikaner seien seine Brüder jedoch seine „jüngeren Brüder“. Der amerikanische Journalist John Gunther besuchte Lambaréné in den 1950ern und kritisierte Schweitzers paternalistische Einstellung gegenüber Afrikanern. Auch würden diese dort nicht als Fachkräfte eingesetzt. Nach Jahrzehnten, die Schweitzer schon in Afrika wirkte, kämen die Krankenschwestern noch immer aus Europa.

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