Bisher
bin ich noch gar nicht dazu gekommen, über einen weiteren Ausflug raus aus der
Hauptstadt zu berichten, nämlich nach Westen an die polnische Grenze, nach
Grodno. Anlass für diese Reise war die 100-Jahr-Feier am 21. September 2012 der
dortigen evangelischen Kirche (was übrigens auf russisch auch so heißt, wenn
eine protestantische Gemeinde gemeint ist).
Die
dortige Gemeinde mit ihrem
jungen Pfarrer Wladimir Tatarnikow ist die einzige in Belarus, die über ein
eigenes Gotteshaus verfügt. Die anderen, wenigen protestantischen Gruppen von
Gläubigen, treffen sich in wechselnd angemieteten Räumen, wie z.B. in Minsk, wo
im Winter kein Gottesdienst stattfinden, weil nicht geheizt werden kann. Die
evangelische Kirche des Landes ist zersplittert in eine selbständige
Lutherische Kirche, einige unabhängige Gemeinden und die lutherische
Gemeinde in Grodno, die enge Beziehungen zur EKD unterhält.
Der
vormalige deutsche Botschafter, Dr. Christof Weil, hatte sich persönlich für
die Erhaltung der St. Johanniskirche eingesetzt, der jetzt finanzielle Mittel
aus Deutschland von der EKD, dem Auswärtigen Amt, der Evangelischen Kirchengemeinde
in Berlin-Frohnau sowie privater Sponsoren zukommen. Neue Kirchenbänke kamen
von einer Gemeinde in Hannover. Die Kirche war 1779 von deutschen Kaufleuten
gegründet und 1912 neu gestaltet worden. Zwischen 1944 und 1994 befand sich
dort ein Archiv. Erst 1995 erhielt die kleine Gemeinde das Gotteshaus zurück.
Bei
der Feier am 10. Juni waren viele Deutsche, meist aus Minsk, aber auch viele
Einwohner Grodnos, je ein Vertreter der orthodoxen und der katholischen Kirche
sowie die Pfarrerin der Evangelischen Kirchengemeinde in Berlin-Frohnau
anwesend. Allein der Vertreter der streng gläubigen jüdischen Gemeinde war
nicht anwesend. Nach einem Gottesdienst blieb es dem Nuntius des Papstes
überlassen, das Ereignis auch politisch einzuordnen. Mit den Worten „Unsere
Dimension ist die Ewigkeit“ verwies er alle Versuche politischer Einmischung
und Beeinträchtigung des religiösen Lebens in Belarus von sich. Im November
2013 begann die Aussensanierung der Kirche.
Am 7. Juni 2014 fand die Weihe der neuen Orgel, welche zwei Monate zuvor
aus Deutschland gebracht wurde, statt. Bisher wurde die Gemeinde durch einen
Synthesizer beschallt. Die Suche nach einer alten Orgel in Deutschland war gar
nicht einfach, doch man fand ein passendes Instrument in Frankfurt am Main. Die
Orgel befand sich in einer Kirche, die an die Serbisch-Orthodoxe Gemeinde verkauft
wurde. Die weißrussischen Behörden genehmigten schliesslich den Transport und
das zerlegte Instrument wurde nach Grodno gebracht. Eine zweimonatige Montage
vor Ort erfolge ehe die Weihe stattfinden konnte. Endlich gab es wieder eine
Orgel, nachdem die alte im Jahre 1940 zerstört wurde.
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