Heute leben in Österreich rund 295.000 evangelische Christinnen und Christen A.B. und knapp 13.600 evangelische Christinnen und Christen H.B. A.B. steht dabei für Augsburger Bekenntnis (Lutherische Kirche), H.B. für Helvetisches Bekenntnis (Reformierte Kirche).
Kaiser Josef ll. war es, der in den Bestimmungen des Toleranzpatentes nicht nur die Duldung der Evangelischen bewirkte und damit ihr jahrzehntelanges Geheimleben beendete, sondern diese Gemeinschaften mit der Zuordnung ihrer wichtigsten Bekenntnisschriften auch charakterisierte.
Bevölkerungsanteil von knapp vier Prozent
Unter den über 8 Millionen Einwohnern Österreichs stellen die Evangelischen einen Bevölkerungsanteil von rund 4 Prozent. Die größere Kirche A.B. ist in sieben Diözesen (Superintendenzen) untergliedert, an deren Spitze jeweils ein Superintendent oder eine Superintendentin steht. lnsgesamt gibt es 205 Gemeinden.
Prozentuell ist der Bevölkerungsanteil der Evangelischen im Burgenland mit 14 Prozent am höchsten. Evangelische Zentren befinden sich auch in Kärnten und Oberösterreich. Absolut gesehen leben mit etwa 53.000 Menschen am meisten Evangelische im Bundesland Wien. Oberster Repräsentant der Evangelischen Kirche A.B. ist der Bischof, der zusammen mit dem Gremium des Oberkirchenrates die hauptamtliche Kirchenleitung bildet.
Evangelische Kirche H.B.
Die Evangelische Kirche H.B. besteht aus neun Pfarrgemeinden. Kirchenleitung ist die Synode H.B., deren Exekutive der Evangelische Oberkirchenrat H.B. (der gewählte Vorsitzende hat den Amtstitel „Landessuperintendent„). Beide evangelischen Kirchen leben mit einer presbyterial-synodalen Kirchenverfassung (d.h. Gemeindeleitung durch Presbyterien, Kirchenleitung durch Synoden; Ausgeglichenheit von Laien und Geistlichen, Wahlen quasi demokratisch!).
Evangelische Kirche A.u.H.B.
Beide Kirchen bilden weder eine Bekenntnis- noch eine Verwaltungsunion. Sie arbeiten aber in vielen Bereichen eng zusammen und haben „zur Wahrung ihrer gemeinsamen Belange“ (§ 5 (3) Kirchenverfassung) die „Evangelische Kirche A.u.H.B.“ gebildet. Sie setzt sich aus der Kirche A.B. und der Kirche H.B. zusammen. „Parlamentarisches“ Organ der Kirche A.u.H.B. ist die Generalsynode, Exekutivorgan der Evangelische Oberkirchenrat A.u.H.B.
Bekennendes Kirchenrecht
Lutheraner und Reformierte haben aber schon vom Anfang an geistlich und organisatorisch zusammengearbeitet – und das lange vor der Leuenberger Konkordie 1973 (Kanzel- und Abendmahlsgemeinschaft; Lehrunterschiede werden grundsätzlich nicht mehr als kirchentrennend gewertet). Einer der geistlichen Hintergründe dafür ist die Tatsache, dass beide evangelischen Bekenntniskirchen lutherische und reformierte Mitglieder haben. Die kirchliche Ordnung basiert auf Grundsätzen, die in den Bekenntnissen beider Kirchen („bekennendes Kirchenrecht“) verankert sind. So arbeiten in den Gemeinden Pfarrerinnen, Pfarrer und Gemeindeglieder gleichberechtigt zusammen. Alle Personen, die eine Gemeinde bilden, entscheiden auf demokratischem Weg direkt oder durch die von ihnen gewählten Vertreter über das, was in der Gemeinde geschieht. Sie wählen die Pfarrerinnen und Pfarrer und die anderen Verantwortlichen, sie beschließen selbst über ihre Angelegenheiten („Gemeindeautonomie“).
Aufbau von unten nach oben
Dieser Aufbau von unten nach oben setzt sich fort in den weiteren Ebenen der Evangelischen Kirche. So werden beispielsweise die Mitglieder der Oberkirchenräte – auch der Bischof A.B. – (für zwölf Jahre, Wiederwahl möglich) und der Landessuperintendent H.B. (für sechs Jahre, Wiederwahl möglich) von der jeweiligen Synode gewählt, die zu gleichen Teilen aus weltlichen und geistlichen Delegierten der einzelnen Regionen besteht. Dabei gibt es keinen „Clubzwang“ oder Beauftragungen. Jeder, der Verantwortung zu tragen hat, ist allein seinem Gewissen gegenüber gebunden (§24 KV).
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