Die Lutherische Stadtkirche ist ein evangelisch-lutherisches
Kirchengebäude im 1. Wiener Gemeindebezirk Innere Stadt. Die Lutherische Stadtkirche
befindet sich in der Dorotheergasse 18 neben der Reformierten Stadtkirche und gegenüber dem
Auktionshaus Dorotheum.
Sie wurde in der Renaissancezeit erbaut und besitzt eine neoklassizistische Straßenfront. Über dem
Hauptportal befindet sich ein Dreiecksgiebel an der Fassade. Oberhalb dessen
schließt ein hohes Rundbogen-Blendfenster an, das von je zwei Pilastern
flankiert und von einem großen Dreiecksgiebel gekrönt wird. Die Lutherische
Stadtkirche besitzt keinen Kirchturm, sondern wird an der Frontfassade oben von
einem Glockengeschoß abgeschlossen.
Die Saalkirche
besitzt eine querhausartige Erweiterung bei kreuzförmigem Grundriss. Auf allen
Seiten im Kircheninneren befinden sich Emporen.
Das Altarbild von Franz Linder aus dem Jahr 1783 ist eine Kopie von van Dycks
Gemälde Christus am Kreuz, das nur wenige Gehminuten entfernt im Kunsthistorischen Museum aufbewahrt wird. Beim
Altar wurde 1876 ein geschnitztes Chorgestühl eingebaut. Das Taufbecken auf
einer Säule aus Stucco lustro befindet sich seit 1822 in der Kirche. Im
hinteren Teil der Lutherischen Stadtkirche sind marmorne Verschlussplatten an
den Beisetzungsnischen der Herzen von Kaiserin Anna, Kaiser Matthias
und Kaiser Ferdinand II. erhalten, die ursprünglich
hier bestattet waren und später in die Loretokapelle der Augustinerkirche
überführt wurden. Außerdem sind Gedenktafeln für den evangelischen Märtyrer Caspar Tauber
und für Kaiser Joseph II. in der Kirche angebracht.
Die Lutherische Stadtkirche wurde als
katholische Klosterkirche des Königinklosters in den Jahren 1582 bis 1583
erbaut. Dieses Maria, Königin der Engel, geweihte Klarissen-Kloster
war eine Stiftung von Elisabeth von Österreich,
einer Tochter Kaiser Maximilians II. und Witwe des Königs Karl IX. von Frankreich. Die Königinwitwe
stiftete das Kloster vermutlich als Sühne für die Bartholomäusnacht, das Massaker an den Hugenotten
in Frankreich, und verbrachte ihre letzten Lebensjahre dort. Die Baupläne zum
Königinkloster stammten ursprünglich vom italienischen Architekten und Maler Pietro Ferrabosco,
durchgeführt wurde der Bau jedoch vom späteren Hofbaumeister Jakob Vivian. Die
Klosterkirche wurde am 2. August 1583 geweiht.
Im Zuge der josephinischen
Reformen wurde das Kloster 1782 aufgelassen. Im selben Jahr hatten sich durch
das Toleranzpatent von 1781 sowohl eine lutherische als auch eine
reformierte Gemeinde in Wien konstituieren können. Die in der Lutherischen
Stadtkirche beheimatete heutige Pfarrgemeinde Wien Innere Stadt ist die älteste
innerhalb der Evangelischen Superintendentur
A. B. Wien. Die lutherische und die reformierte Gemeinde
kauften 1783 jeweils einen Teil des ehemaligen Königinklosters. Die reformierte
Gemeinde ließ auf ihrem Grundstück die Reformierte Stadtkirche als erste als
solche erbaute evangelische Kirche Wiens errichten. Die lutherische Gemeinde
bekam den zentralen Teil des aufgelassenen Klosters mit der Klosterkirche. Einen
weiteren Teil des Geländes erwarb der Bankier Johann von Fries,
der dort das heutige Palais Pallavicini erbauen ließ. Die ehemalige
Klosterkirche wurde zur Lutherischen Stadtkirche umgebaut und erweitert. Da den
Bestimmungen des Toleranzpatents zufolge die Kirche von außen nicht als solche
erkennbar sein durfte, mussten unter anderem die drei Kirchtürme abgetragen
werden. Am 30. November 1783 wurde die Lutherische Stadtkirche eingeweiht.
Nach kleineren baulichen Veränderungen
erfolgte 1876 ein größerer Umbau durch den Architekten Otto Thienemann.
Hierbei wurde die Fassade so umgestaltet, dass die Kirche auch von außen als
solche erkennbar war, was seit dem Protestantenpatent von 1861 nun gestattet war.
Im 19. Jahrhundert waren die Komponisten Franz Lachner
und Hermann Graedener als Organisten der
Lutherischen Stadtkirche angestellt und der bedeutende Klavierbauer Andreas Streicher
gab ein neues Gesangbuch für den Gottesdienst heraus. Auf Grund strengerer
feuerpolizeilicher Vorschriften nach dem Ringtheaterbrand
musste die Lutherische Stadtkirche 1907 erneut umgebaut werden. Weil ein
direkter Ausgang des Kirchenraums zur Dorotheergasse notwendig wurde, ließ der
Architekt Ludwig Schöne das Innere der Kirche um 180 Grad drehen, also
die Position von Orgel und Altar vertauschen – ein Verfahren, das in der
benachbarten Reformierten Stadtkirche von Architekt Ignaz Sowinski
bereits 1887 erprobt worden war. Im Zweiten Weltkrieg
erlitt die Lutherische Stadtkirche schwere Schäden, die Fassade fiel 1945
vollständig einem Bombenangriff zum Opfer. 1948 wurde die Fassade neu
errichtet: schlicht, mit vermauerten Fenstern und einem markanten Steinkreuz an
der glatten Fassade. Diese Umgestaltung wurde 1989 rückgängig gemacht und die
neoklassizistische Fassade in der Form von 1907 wiederhergestellt.
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